Informationsblatt der Magdeburger Straßenbahnfreunde e.V.
Postfach 3611 – 39011 Magdeburg Nr. 04 / 2009 Redaktionsschluß: 02.04.2009


Tatra-Straßenbahn in Wendefurth

Tatra-Straßenbahn in Wendefurth
• Tunnelprojekt ohne erkennbare Bevölkerungsmehrheit
• Eine fast schon vergessene Industriebahn


Tatra-Straßenbahn in Wendefurth

Nein, wir wollen mit unserem heutigen Titelthema unsere Leser gewiss nicht in den April schicken – ein solches Unikat hat tatsächlich existiert und diente als Schrägaufzug für die Beschäftigten des Wendefurther Pumpspeicherwerkes, wobei zwischen Tal- und Bergstation ein Höhenunterschied von ca. 100 m zu überwinden war. Für die ca. 280m lange Strecke wurden etwa 6 Minuten Fahrzeit benötig. In der Kabine fanden dabei 16 Personen Platz. Einen öffentlichen Verkehr - zum Beispiel für Harztouristen - hat es hier freilich nie gegeben. Errichtet wurde die Anlage Anfang der 60er des vorigen Jahrhunderts unter Federführung einer Firma aus der damaligen CSSR, wobei die Gestaltung der Aufzugskabine ihre eindeutige Verwandtschaft mit den bekannten Tatra-Straßenbahnen der Typen T3 und T4 freilich nicht leugnen kann. Da das bekannte CKD-Werk in Prag die entsprechenden Bauteile in großen Stückzahlen produzierte, war eine Nachnutzung für einen durchaus vergleichbaren Verwendungszweck natürlich naheliegend. Wie lange diese Anlage in Betrieb war, entzieht sich leider unserer Kenntnis. Das Wendefurther Pumpspeicherwerk gehört neben der Wendefurther Talsperre, der Mandelholz-Vorsperre, der Überleitungssperre Königshütte sowie der Hassel- und Rappbodevorsperre zum großen Komplex der Rappbode-Talsperre(n), deren Inbetriebnahme sich in diesem Jahr übrigens zum 50. Male jährt. Der geplante Baubeginn für diese gigantischen Anlagen zum Hochwasserschutz des Harzes und zur Trinkwasserversorgung war ursprünglich bereits im Jahre 1938 vorgesehen. Nachdem die Vorbereitungen aus Kriegsgründen ab 1942 zunächst nicht weiter verfolgt wurden, erfolgte schließlich im Jahre 1952 die feierliche Grundsteinlegung für diesen „Großbau des Sozialismus“. Am 3. Oktober 1952 (man beachte das interessante Datum) konnte zunächst die große Talsperre ihrer Bestimmung übergeben werden, während die weiteren Anlagen dann bis Mitte der 60er Jahre folgten. Das interessante Foto stellte uns Klaus Eimer zur Verfügung .



Tunnelprojekt ohne erkennbare Bevölkerungsmehrheit

Lt. jüngsten Informationen der „Volksstimme“ hat der Magdeburger Stadtrat in seiner Sitzung vom 26.03.2009 einen von der Linkspartei eingebrachten Antrag für einen Bürgerentscheid zum geplanten Tunnelbau unter dem Magdeburger Hauptbahnhof mehrheitlich abgelehnt. Im Klartext: 25 Stadträte - vornehmlich aus den Reihen von CDU und SPD - haben sich damit gegenüber 18 Befürwortern aus unterschiedlichen Parteien und Fraktionen (bei zwei Enthaltungen) durchgesetzt und auf diesem Wege erst einmal erreicht, dass die Bürger von einem demokratischen Votum für oder gegen dieses umstrittene Verkehrsprojekt ausgegrenzt werden. Da die Kommunalverfassung von Sachen-Anhalt bei einem Antrag auf einen Bürgerentscheid mindestens eine Zweidrittelmehrheit aller im Rat vertretenen – und nicht etwa eine (einfache) Mehrheit aller (anwesenden) Abgeordneten erfordert, hätten im vorliegenden Fall mindestens 38 Stadträte mit „Ja“ stimmen müssen. In der Schweiz wäre so etwas wohl undenkbar ...

Da die Deutsche Bahn AG ihre stark maroden Fachwerkbogenbrücken im Zuge der Magdeburger Ernst-Reuter-Allee nach mehreren Anläufen in der Vergangenheit (nun endlich) ab 2012 erneuern will, ist die Stadt Magdeburg nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz in jedem Falle dazu gezwungen, sich an den Kosten zu beteiligen. Bekanntlich stellen die Unterführungen wegen ihrer sehr geringen Breite und Durchfahrtshöhe (nur 3,94 m – auch für den Fahrdraht der Straßenbahn) bereits seit Jahrzehnten ein innerstädtisches Nadelöhr dar. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es daher zunächst nur folgerichtig, wenn die Stadt ihrerseits an dieser Stelle dann auch gleich die Gelegenheit ergreift, um die städtische Infrastruktur im Zuge dieser Baumaßnahmen entsprechend dauerhaft aufzubessern. Fraglich ist nur, ob man deshalb unter der bestehenden Eisenbahnüberführung dann „eine Etage tiefer“ unter der Straßenbahntrasse auch unbedingt noch einen Autotunnel bauen muss, der in Anbetracht der erforderlichen Anrampungen und Straßenabsenkungen städtebaulich und verkehrstechnisch von vorn herein umstritten ist. Hinzu kommt: Die Ernst-Reuter-Alle ist als innerstädtische Haupt-Ost-West-Achse ein sehr sensibler Bereich, der im Interesse einer lebensfreundlichen City eigentlich eine dauerhafte Verkehrsberuhigung – und keine magnetische Anziehungskraft für ein „Mehr“ an Verkehr – erfordert … und außerdem ist der Bereich des Magdeburger Hauptbahnhofs von einem sehr hohen Grundwasserstand geprägt, der sich teilweise nur einen halben Meter unter dem jetzigen Straßenpflaster befindet.

Fakt ist: Nach Lage der Dinge ist in der Magdeburger Bevölkerung bisher keine eindeutige Mehrheit für oder gegen den Tunnel erkennbar. Stattdessen gibt es nur einen umstrittenen Stadtratsbeschluss und eine völlig unbefriedigende Öffentlichkeitsarbeit. Mit anderen Worten: Wichtige Details werden den Bürgern nach wie vor vorenthalten, was auch nicht unbedingt dazu beiträgt, das Vertrauen in die örtliche Kommunalpolitik zu stärken. Ein Bürgerentscheid kann übrigens auch dann herbeigeführt werden, wenn dieser von mindestens 10.000 wahlberechtigten Magdeburger Bürgern per Unterschrift eingefordert wird. Warten wir´s also einfach mal ab.


Eine fast schon vergessene Industriebahn

VEB Großkokereien August Bebel“ – dieser Schriftzug war zu DDR-Zeiten schon von Weitem zu lesen, wenn man mit der „10“ von der Pettenkofer Brücke aus in Richtung Rothensee fuhr. Da wir damals (in den 80er Jahren als frühere Arbeitsgemeinschaft 7/36 im DMV) unsere Vereinsräume auf dem MVB-Betriebshof Nord hatten, bin ich fast jeden Dienstag diese Strecke gefahren. Neben dem bekannten Gasometer und div. qualmenden Fabrikschornsteinen gehörte nicht zuletzt auch der große rechteckige Turm mit dem erwähnten Schriftzug zu den auffälligsten Bauwerken dieser alles andere, als schönen und umweltfreundlichen Industrielandschaft, wenngleich letztere für die damalige Wirtschaft natürlich zwingend notwendig war. Gaswerke und Kokereien sind eigentlich ein und dasselbe, da bei der Produktion (Verkokung) von Stadtgas der Koks als Nebenprodukt anfällt – bzw. auch umgekehrt. Entscheidend ist dabei nur, zu welchem vordergründigen Zweck eine solche Anlage einst errichtet worden war - ob nun für die Produktion von Stadtgas oder eben für die Produktion von Koks. Irgendwann hatten wir dieses Thema auch ´mal im Chemieunterricht behandelt. Lang, lang ist´s freilich her und nach weiteren Einzelheiten möge man mich jetzt bitte nicht fragen – zum Beispiel nach den sonst noch anfallenden (Abfall-) Produkten. Im besagten großen rechteckigen Turm, der auch noch einen Schrägaufzug und wahrscheinlich auch div. Siebe oder Brecher besaß, wurde damals „Etwas“ verladen, was ich als Laie einfach ´mal mit Asche oder Schlacke bezeichnen würde. Und: Für die Entsorgung dieser anfallenden Abfallprodukte gab es unterhalb vom Turm eine kleine Industriebahn, die durch ihre sehr engen Gleisradien und durch ihre ausgesprochen „hochbeinigen“ (Akku-) Loks auffiel. Nur fotografiert hat das Ganze wieder einmal keiner und irgendwann zu „Wendezeiten“ ist diese Anlage dann plötzlich verschwunden, wobei in der allerletzten Zeit (etwa ab 1990) die Entsorgung dann ausschließlich per Lkw erfolgte. Auch Verladeturm, qualmende Schornsteine und Gasometer sind heute längst Geschichte.

Da die Straßenbahnstrecke über den August-Bebel-Damm bis zur ehemaligen Kuppelendstelle in Rothensee gegenwärtig bei Michael Menz und Thorsten Ehrhardt im Modell entsteht, wäre es natürlich schön, wenn hier jemand noch entsprechende Fotos hätte, um auch dieses interessante Detail entsprechend nachbilden zu können. – christoph


Terminvorschau 2009

Fett    Ausstellung mit vsl. Teilnahme der Magdeburger Straßenbahnfreunde


Arbeitstage im Hafen

Unsere Arbeitstage im Hafen finden regelmäßig Montags ab 16.30 Uhr und Sonnabends ab 14.00 Uhr statt. [Vorgesehene Arbeiten: Komplettierung und Werterhaltung an den vorhandenen Modell-Anlagenteilen – hier vordergründig Anlagenteile „Planckstraße“ und „Steubenallee“].


Ansprechpartner:


Das Infoblatt gibt der Vorstand der Magdeburger Straßenbahnfreunde e. V. heraus. Das nächste Infoblatt erscheint zur Jahresmitgliederversammlung am 12.06.2009.