Onlineversion des Informationsblatt der Magdeburger Straßenbahnfreunde e.V.

Postfach 3611 — 39011 Magdeburg • Nr. 10 / 2014 • Redaktionsschluss: 20.10.2014 • www.msf-ev.de

 

Als die Gleisspinne am „Stadt Prag“
in Betrieb ging


Büchertipp: „Die Gelenkwagen des
Typs Gotha G 4“ von P. Kalbe & V. Vondran

Vor 50 Jahren: Wir sind schaffnerlos

Als die Gleisspinne am „Stadt Prag“ in Betrieb ging

25 Jahre Mauerfall, 40 Jahre Magdeburger S-Bahn und 50 Jahre schaffnerloser Betrieb bei der Magdeburger Straßenbahn – das Jahr 2014 ist wieder einmal voll von runden Jubiläen. Nahezu zeitgleich mit der Einführung des schaffnerlosen Betriebes (1964) erfolgte auch der umfassende Ausbau des Knotens „Stadt Prag“, der sich über fast drei Jahre hinzog und erst mit der Eröffnung der neuen Strombrücke im Oktober 1965 seinen endgültigen Abschluss fand. Bereits 1955 waren die Gleise westlich vom Breiten Weg (Karl-Marx-Straße) von der Alten Ulrichstraße in die heutige Ernst-Reuter-Allee (W.-Pieck-Allee) verschwenkt worden.

Östlich vom heutigen Breiten Weg befuhren die Straßenbahnen dagegen noch bis zum Jahre 1963 die alte Vorkriegsstrecke über den Alten Markt in Richtung Johannisberg und alter Strombrücke.

Stadtzentrum Magdeburgs mit Ulrichskirche
Johanniskirche ca. 1965 vor der Eröffnung der neuen Strombrücke. Noch befährt die Straßenbahn ein provisorisches Baugleis von der W.-Pieck-Allee (E.-Reuter-Allee) in Richtung Johannisberg. (Quelle: Facebook)

Auch die vornehmlich aus Vorkriegszeiten bekannte Rathausumfahrung stand noch bis zu diesem Zeitpunkt betrieblich voll zur Verfügung und wurde zuletzt für Umleitungen der SL 3 (im Zusammenhang mit umfassenden Gleiserneuerungen in der Leipziger Straße) sowie nochmals für einen kurzzeitigen Pendelverkehr zwischen Rathaus und Zollhaus genutzt.

Letzterer war erforderlich geworden, um in mehreren Sperrpausen das Gleisdreieck Turmschanzenstraße zweigleisig auszubauen – eine notwendige Vorlaufmaßnahme für die erforderliche mehrwöchige Umleitung der SL 4 über den Nordbrückenzug in Richtung Cracau. Hier hatte es bis zu diesem Zeitpunkt zwischen Heumarkt und Turmschanzenstraße nur eine eingleisige Verbindung gegeben. …

Und dann wurde die Ost-West-Richtung für mehrere Wochen voll gesperrt. Für die SL 4 und 6 ging es fortan ab Hauptbahnhof / „Interhotel“ über Otto-von-Guericke- und Erzbergerstraße in Richtung Boleslaw-Bierut-Platz (heutiger Universitätsplatz) und weiter über den Nordbrückenzug nach „Ostelbien“. Damit erhielt zugleich eine weitere Neuerung in Magdeburg Einzug: Erstmals gab es vor dem „Interhotel“ sowie auf dem B.-Bierut-Platz sog. Doppelhaltestellen.

Die Einrichtung solcher Haltestellen auf dem in der Vergangenheit wiederholt umbenannten Kreisplatz war dabei ein besonderes Kuriosum, da diese zur Abwicklung des Umsteigeverkehrs zu den bestehenden Nord-Süd-Linien (SL 1 und 10) unmittelbar in der Platzmitte (also mitten auf dem Rondell) angelegt worden waren. Die seinerzeit in Platzmitte angelegten Bahnteigkanten waren hier übrigens noch bis vor etwa 10 Jahren deutlich zu erkennen und sind erst mit der Neugestaltung des Platzes (Bau der Tunnelquerung) dort verschwunden.

Mit der Fertigstellung der vierseitigen „Gleisspinne“ am Konten „Stadt Prag“ ging erstmals auch die Gleistrasse in der östlichen W.-Pieck-Allee (E.-Reuter-Allee) zwischen der Karl-Marx-Straße (Breiter Weg) und der Hartstraße in Betrieb, wo es bisher nur einen breiten Grünstreifen in Straßenmitte gegeben hatte. Da zu diesem Zeitpunkt alle Gleise im Bereich Alter Markt / Rathaus bereits vom Netz abgetrennt worden waren und die neue Strombrücke noch nicht zur Verfügung stand, wurde für etwa zwei Jahre eine bauzeitliche Gleisverbindung von der östlichen W.-Pieck-Allee (Höhe Hartstraße) in Richtung Johannisberg erforderlich, wofür die Gleise im Schotterbett über die „grüne Wiese“ verlegt wurden.

Für die Oberleitung kamen dabei stählerne Gittermaste (sog. Rahmenflachmaste) zur Anwendung. Unser Foto oben (Quelle: facebook) zeigt diese Situation kurz vor der Eröffnung der neuen Strombrücke. Neben den v. g. Gittermasten sind im Vordergrund bereits die neuen Betonmasten für die Montage der Oberleitung in Richtung neuer Strombrücke deutlich zu erkennen. Bei dem im Bild zu sehenden Triebwagen handelt es sich hierbei um einen Mitte der 50er Jahre in Gotha modernisierten ehemaligen Maximumtriebwagen mit Tonnendachausführung [Tw. 41(II), 42(II) sowie 44(II) bis 47(II)], der hier als Solowagen offensichtlich auf der SL 7 unterwegs war. Die Ausmusterung dieser Fahrzeuge erfolgte bis zum Jahre 1967.



Interessant sind an dieser Stelle auch die sog. „Stalin“-Lampen, die bis Mitte der 60er Jahre im Bereich der W.-Pieck-Allee und Karl-Marx-Straße zum gewohnten Straßenbild gehörten. Mit der Eröffnung der neuen Strombrücke wurde dieser Bauzustand dann im Herbst 1965 wieder zurück gebaut, wobei nahezu zeitgleich auch das neue Umfahrungsgleis über den Alten Markt und die Hartstraße in Betrieb genommen wurde. Heute erinnert nur noch ein kurzes Stumpfgleis in der Hartstraße an diese vornehmlich für Sonderfahrten gern genutzte Umfahrung.


Büchertipp: „Die Gelenkwagen des Typs Gotha G 4“ von P. Kalbe & V. Vondran

Verlag Dirk Endisch 2014, 192 Seiten, 298 Abbildungen (davon 25 in Farbe), 15 Zeichnungen, 5 Tabellen, Format 17x24 cm, Hardcover, gebunden.

Der VEB Waggonbau Gotha entwickelte 1959 auf der Basis des Triebwagens des Typs ET 57 und des Beiwagens des Typs EB 57 einen vierachsigen Straßenbahn-Gelenktriebwagen mit schwebendem Mittelteil. Von dieser als Typ G 4 bezeichneten Bauart wurden zunächst zwei Prototypen gefertigt. 1961 begann die Serienfertigung des Typs G 4, von dem bis 1967 insgesamt 319 Exemplare geliefert wurden.



Die fabrikneuen Fahrzeuge waren bei den Nahverkehrsbetrieben in Erfurt, Dresden, Gotha, Leipzig, Magdeburg, Potsdam und Rostock im Einsatz. Außerdem wurden die Gelenkwagen auch in die Sowjetunion exportiert, wo sie in Lwow (Lemberg) und Tallinn über Jahre hinweg das Bild im Nahverkehr prägten. Das Buch beschreibt ausführlich Entwicklung, Technik und Einsatz der Gelenkwagen des Typs Gotha G 4. Die zahlreichen Abbildungen, Zeichnungen und Tabellen machen das Werk zu einem Muss für jeden Straßenbahnfreund.
Bestellungen bitte bis zum 31.10.2014 an: Region im Modell KG – Geschäftsführer Jens Winnig, Am Wendenwehr 21 – 38114 Braunschweig
Mobil: 0179-2916054   Email: info@region-im-modell.de
Finanzamt Braunschweig – USt-IdNr.: DE286314454
Commerzbank: IBAN: DE58 2704 0080 0544 0441 00   BIC: COBADEFFXXX
Gerichtsstand Braunschweig – HRA 201306


Vor 50 Jahren: Wir sind schaffnerlos

Besuche mit meiner Mutter bei unserer Oma in der Mittagstraße gehörten für mich in den 60er Jahren zum regelmäßigen Alltag. Manchmal sind wir dann auf dem Rückweg durch die Wasserkunststraße bis zur Endhaltestelle Alte Neustadt gelaufen, um dann anschließend mit der „2“ in Richtung Innenstadt zurück zu fahren. An jenem Sommertag im Jahre 1964 hatte ich meine Mutter wieder einmal zu einem solchen Spaziergang überredet, fuhr doch an diesem Tag mit der frisch aus der Hauptwerkstatt gekommenen Garnitur 140+306+348 erstmals ein kompletter Altbauzug im schaffnerlosen Betrieb (OS-Betrieb) – und das war schon etwas Besonderes, da auf den bereits schaffnerlosen SL 2 und 3 bisher ausschließlich nur LOWA- und Gotha-Zuggarnituren zum Einsatz gekommen waren.

Wesentlich kleinere Frontscheinwerfer (für 24 Volt) sowie OS-Anlage mit Türbeleuchtungskästen, Abfahrtssignal und rechteckigen (mehrpoligen) Steckdosen (für die erweiterte Kleinspannungsanlage) passten so gar nicht zu dem gewohnten Bild dieser klassischen Dreiwagenzüge, mit denen wir sonst regelmäßig auf der „1“ und „10“ in Richtung Neue Neustadt unterwegs waren.

 Bereits kurz zuvor war auch unser heutiger historischer Triebwagen 124 im Rahmen einer HU für den OS-Betrieb hergerichtet worden und in dieser Zeit meist mit den beiden Aufbau-Beiwagen 356 und 357 unterwegs. Beide Garnituren waren damals im Betriebshof Stadtfeld als Reservezüge für die SL 2 und 3 beheimatet, was für die „Niesky´er“ Triebwagen und für die bekannten „Langholz“-Beiwagen eigentlich absolut untypisch war, die man sonst nur von den Sudenburger und Neustädter Linien her kannte. – Christoph -


Aktuelles zum Wagenpark

Mit dem Ende der Schulferien ist die SL 8 seit Anfang September wieder im Einsatz, wobei auch wieder verstärkt die noch verbliebenen T6A2 / B6A2 im Liniendienst beobachtet werden konnten – allerdings nicht mehr als Großzüge, sondern nur noch in der Kombination Triebwagen + Triebwagen bzw. Triebwagen + Beiwagen. Wie dem „Blickpunkt Straßenbahn“ zu entnehmen war, wird derzeit erwogen, drei modernisierte T6A2 aus Berlin zu übernehmen, die hier zu Arbeits- bzw. Fahrschultriebwagen umgebaut werden sollen.

Fluthilfe

Da hatten wir schon fast gar nicht mehr mit gerechnet. Nach mehreren von uns bei den zuständigen Behörden gestellten Anträgen wurde uns nun endlich eine größere Summe im vierstelligen Bereich zur Regulierung unserer Hochwasserschäden vom Juni 2013 in Aussicht gestellt, wobei die Gelder zweckgebunden für den Materialeinkauf zum Bau neuer Modellbahnanlagen eingesetzt werden müssen. Auch die Magdeburger Eisenbahnfreunde e. V. erhielten zeitgleich mit uns einen ähnlichen Bescheid zur Regulierung der Flutschäden in einer vergleichbaren Größenordnung.

Jahresabschlussfeier 2014

Unsere diesjährige Jahresabschlussfeier findet – wie bereits im letzten Jahr – am Sonnabend, dem 13.12.2014 ab ca. 17:00 Uhr wieder in der AWO-Begegnungsstätte in der Max-Otten-Straße (Hochhaus hinter dem ehemaligen Krankenhaus Altstadt) statt. Dazu möchten wir auf diesem Wege schon jetzt recht herzlich einladen.

Arbeitstage in unserem Vereinsobjekt Flechtinger Straße 22a

Unsere Arbeitstage in unserem Vereinsobjekt in der Flechtinger Straße finden in der Regel am Sonnabend ab 14.00 Uhr statt. Nach dem weitgehenden Abschluss unserer Ausbau- und Renovierungsarbeiten zur Einrichtung der neuen Räumlichkeiten steht zur Zeit der Neubau der ehemaligen Straßenbahnendstelle Schönebeck mit mehreren Anlagenmodulen nach historischem Vorbild auf dem Programm. Wer ´mal bei uns vorbei schaut, wird sehen, dass unsere neuen Anlagenmodule bereits Gestalt annehmen.

Neben den Gleisen und Straßen wurden auch einige neue Gebäude bereits fertig gestellt.

Termin Oktober 2014


Ansprechpartner:

- Michael Menz Tel.: 0391/ 731 58 81 oder 0171/ 622 52 85
- Jörg Lahn Tel.: 0162/ 98 76 175
- Christoph Rudhard Tel.: 0531/ 704 3255 (Braunschweig)

Das Infoblatt gibt der Vorstand der Magdeburger Straßenbahnfreunde e. V. heraus.
Das nächste Infoblatt erscheint zur Jahresabschlussfeier am 13.12.2014.

Text- und Bildbeiträge: Christoph Rudhard
Layout und Druck des Vereinsblatt: Michael Menz
Layout der Internetseiten: Andreas Kanter


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