Hier und Heute Mitteldeutsche Zeitung Halle
vom 12. Juni 2004
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Von KIRSTEN BEGERT
Mit Sorgfalt verlegt Michael Menz winzige Schienen durch einen Magdeburger Straßenzug. Ganz ruhig, wie ein Chirurg, klebt er die Metallstreifen auf die Modellplatte. Auf ihr werden bald Straßenbahnen fahren, Menschen Taschen zur Haltestelle schleppen, Mopeds um die Ecke biegen, Badende in einem See schwimmen und Hunde im Hinterhof liegen. Alles jedoch 87-fach verkleinert. Michael Menz baut Straßenbahnen in Mini-Format Er ist an diesem Wochenende mit dabei, wenn sein Verein der Magdeburger Straßenbahn-freunde seine Miniaturwelten in Halle präsentiert. Auf Gleisen der Spurweite HO lässt der 32-Jährige seine Modelle rollen und reist als Triebwagenführer nicht nur durch Miniaturwelten, sondern auch durch die Zeit. Denn im Verein der Magdeburger Straßenbahn-freunde, in dem Michael Menz mit Leib und Seele Mitglied ist, hat man sich den 50er und 60er Jahren verschrieben. Alles
sieht so aus wie jener Zeit: Häuser, Passanten, Trabanten, die
Straßen-bahnen natürlich und sogar die Straßenschilder.
Als einer der Aussteller werden die Magdeburger einen Teil ihrer Anlage
dieses Wochenende bei der Veranstaltung »Kleine Straßenbahn
ganz groß im Straßenbahnmuseum der Halleschen Verkehrsbetriebe
Havag in der Saalestadt vorführen. |
Auslauf
für den
"Kleinen Hecht" |
ich nicht genug Platz", bedauert der Bastler. Bis zu 20mal fünf Meter misst die Modellanlage der Magdeburger Straßenbahnfreunde, wenn alle ihre Einzelplatten zu einem Modell verbunden werden. Zumeist geschieht das dann, wenn die Vereinsmitglieder zu einer ihrer zahlreichen Messen und Ausstellungen deutschlandweit unterwegs sind, wie an diesem Wochenende in Halle. "Dann haben unsere Modelle Auslauf. Raus aus der Vitrine, rauf auf das Gleis", scherzt Marc Beindorf. Austellung Am 12. u. 13. Juni im Havag-Straßenbahnmuseum in Halle, Seebener Str 191, zeigt die Ausstellung Modellstraßenbahnanlagen, Fahrzeugmodellen und Zubehör in unterschiedlichen Maßstäben und Spurweiten. Straßenbahnfreunde verschie-dener Städte zeigen z.B. Modelle der Pferdebahn, offene elektrische Wagen, Fahr-zeuge der 20er bis 40er Jahre (Stadtbahn- und Hechtwagen), Tatra-Wagen und moderne Niederflur-wagen. Denn die Platten werden zwar im Bastelbunker vom Verein gebaut, die Modellbahnen bringt jedes Mitglied aus seiner eigenen Sammlung mit. Auf dem meterlangen Schienensystem geht es dann rund, wechseln sich Tatra-Wagen, Gotha-Wagen oder Straßenbahntypen namens Kleiner Hecht an den Haltestellen ab. "Wir
haben alle Straßenbahnen, die ab den 30er Jahren auf Magdeburger
Schienen unter-wegs waren. Für junge Ausstellungs-besucher
werden natürlich auch für moderne Niederflurwagen die Weichen
gestellt. "Allein an Magdeburger Modellen habe ich etwa 25 zu Hause,
sagt Menz. Außerdem Dresdner, Wiener, Hannover-aner und drei Modelle
von Bahnen, wie sie in Halle im Einsatz waren oder sind. Jede
Stadt hat ein eigenes System bezüglich Typen und Spur weiten entwickelt.
So fährt man in Halle auf schmaller, In Leipzig auf breiterer und
in Dresden auf noch breiterer Spur - und zwar bis heute. |
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der gern Straßenbahnfahrer oder Lokführer geworden wäre. "Zuerst überlegt man sich die Szenen. Dann nimmt man die Figur, einen Tropfen Sekundenkleber drauf andrücken und hofft, dass es hält." Viele Stunden habe es gedauert, bis auf dem Modell Soldaten an einem Denkmal feiern, eine Moskwitsch-Polizei-Eskorte Staatsbesuch begleitet und eine Frau Wäsche aufhängt. Jeder im Verein hat seine Spezialität. Einer versteht sichaufs Gestalten von Wiesen |
und Parks, ein anderer auf die Planung der Gleise oder die Elektronik. Ihre Ideen beim Inszenieren der Mini-Welten bringen aber alle 24 Vereinsmitglieder ein. "Jedoch ist es nicht so einfach, den DDR-Alltag nachzubilden", meint Vereinskollege Marc Beindorf. Zwar gibt es sowohl modern als auch historisch aussehenden Figuren zu kaufen, Figuren eines Standard-DDR-Bürgers, die gibt es aber nicht." Doch den Modellbauern fällt |
genügend ein: Etwas Grau für den Anzug bei dem eineu, die richtige Farbe für die Müllmann-Mütze bei dem anderen und die Szene erinnert an vergangene Zeiten.Fast jede freieMinute verbringt Michael Menz in demgroßen Kelleraum, dem "BasteIbunker" im Magdeburger Handelshafen, den sich der Verein mit Eisenbahnmodellbauern teilt und der als Werkstatt dient. "Ich würde ja auch gerne zu Hause an Anlagen bauen, aber dort habe |
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